Tagung

10. – 12. Dezember 2021

Der Künstler als Buchhalter:

Serielle Aufzeichnungen zu Leben und Werk

Schwabenakademie Irsee: III. Philipp-Hainhofer-Kolloquium

Künstlerstereotypen schließen das Bild eines akribischen Buchhaltens aus. Doch da auch Künstlerinnen und Künstler Unternehmer waren und sind, gehört die Buchhaltung ebenso zum Erfolg wie Kreativität und das Kunstschaffen selbst.

Ausgehend von Johann Philipp Thelott und dem Fund seines – wenn auch nur fragmentarisch überlieferten – Arbeitsbuches wird zum ersten Mal das Thema für eine kulturwissenschaftliche Betrachtung in einer Tagung aufgegriffen und ein Überblick anhand von Fallstudien von der Renaissance bis zur Gegenwart aufgezeigt, wobei Studien zu hessischen Künstlern eine Vergleichsgruppe bilden.

Unter dem generellen Gesichtspunkt des buchhaltenden Künstlers sind von Künstlern selbst angelegte Arbeitsbücher und Werkverzeichnisse angesprochen oder Korrespondenzen und Tage- bzw. Reisebücher, die für einen längeren oder kürzeren Zeitraum Einblick in das Anfertigen oder den Verkauf von Kunstwerken geben, deren Auftraggeber bzw. Käufer dokumentieren oder die Lebens- und Arbeitsbedingungen reflektieren.

Im Idealfall dokumentieren die Aufzeichnungen über eine größere Zeitspanne hinweg erledigte Aufträge (mit den Namen von Auftraggebern, erzielten Preisen bzw. auch von Außenständen) sowie die Arbeitsbedingungen, den Materialverbrauch, getroffene Vereinbarungen oder, bei handschriftlichen Œuvre-Katalogen, das ›Formen‹ des eigenen Outputs, also das Lenken der Außenwahrnehmung bzw. Rezeption des eigenen künstlerischen Schaffens.

FREITAG, 10. DEZEMBER 2021

Anreise, ab 18:00 Uhr Abendessen

 

19:30 Uhr

Begrüßung durch Dr. Markwart Herzog, Direktor der Schwabenakademie Irsee

 

Abendvortrag

Dr. Christof Metzger (Wien)

Der heymlich schatz: Albrecht Dürer als Sammler und Kurator

 

Der Redner ist Chefkurator der Wiener Albertina und betreut darüber hinaus den Sammlungsbereich der deutschen Kunst vom 15. Jahrhundert bis zum Klassizismus. Zuletzt realisierte er in Wien die international viel beachtete Dürer-Ausstellung (2019/20). Mit nahezu 140 Arbeiten besitzt die Albertina den weltweit größten und bedeutendsten Bestand an Zeichnungen Albrecht Dürers (1471–1528).

 

Im Anschluss an den Vortrag besteht die Möglichkeit zum geselligen Beisammensein im Stiftskeller

SAMSTAG, 11. DEZEMBER 2021

9:00 Uhr

Prof. Dr. Holger Th. Gräf (Marburg)

Das fragmentarische Geschäftsbuch des Kupferstechers Johann Philipp Thelott (1639–1671). Eine bislang unbekannte Quelle zur Frankfurter Kunst- und Verlagsgeschichte

 

Dr. Andrea Pühringer (Grünberg)

Thelotts Geschäftsbuch aus wirtschaftshistorischer Perspektive betrachtet: Zur Kaufkraft in Frankfurt am Main nach dem Dreißigjährigen Krieg

 

10:30 Uhr

Kaffeepause

 

Prof. Dr. Sebastian Fitzner (Berlin)

Aufzeichnungen über Bauten, Risse und Einnahmen eines Architekten – Zum „Inventarium“ (1630–1632) von Heinrich Schickhardt

 

Dr. Ursula Härting (Hamm)

Kosten für Arzt, Farben und Kopisten – Der buchhalterische Jan Brueghel d. J. (1601–1678)

 

12:30 Uhr

Mittagessen

 

14:30 Uhr

Dr. Wolfgang Cilleßen (Frankfurt am Main)

Das Arbeitsbuch des Rudolstädter Porträtisten Johann Christoph Morgenstern (1697–1767)

 

Frauke Grams M.A. (Passau)

Die Arbeitsbücher von Joseph Vernet (1714–1789)

 

16:00 Uhr

Kaffeepause

 

Vorabendvortrag

Dr. Jens Fachbach (München)

„An einem Portrait von durchl. Fürst zu Saarbrücken den Bauch dünner gemacht“ – Das Arbeitsbuch (1791–1812) des Nassau-Saarbrückischen Hofmalers Johann Friedrich Dryander (1756–1812)

 

Bei der Fallstudie wird ein sehr seltenes Dokument zu den Arbeits- und Lebensbedingungen eines Hofkünstlers sowie seine Anpassung an gewandelte Zeiten erschlossen. Denn die Aufzeichnungen fallen in die Umbruchzeit von der Vormoderne hin zur Moderne.

 

18:00 Uhr

Abendessen und Beisammensein im Stiftskeller

SONNTAG, 12. DEZEMBER 2021

9:00 Uhr

Sophia Dietrich-Häfner M.A. (Leipzig)

Die Auftragsbücher von Johann Ludwig Ernst Morgenstern (1738–1819) und seinem Enkel Johann Friedrich Morgenstern (1777–1844)

 

Dr. Edith Heindl (Regensburg)

Écrire la peinture, écrire la vie – Eugène Delacroix (1798–1863): Der Maler als Buchhalter seines Lebenswerkes

 

10:30 Uhr

Kaffeepause

 

Fabian Lorenz Winter M.A. (Weimar)

Die Briefbuchführung des Bildhauers Ignatius Taschner (1871–1913)

 

Dr. Heiner Krellig (Berlin / Venedig), dott.ssa Catarina Borsato (Venedig)

Das „Rote Buch“ von Renato Borsato (1927–2013)

 

ca. 12:30 Uhr

Tagungsende, Mittagsessen, Abreise

Der Tagungsband, der 2022 im Michael Imhof Verlag in der Hainhoferiana-Reihe der Schwabenakademie Irsee erscheint, wird durch Dr. Ursula Timann (Nürnberg) das Tagungsthema am Beispiel von Philipp Hainhofer (1578–1647) auf die Rolle der Kunsthändler ausweiten. Gewürdigt werden in dem Sammelband zudem die Künstler Johann Rudolf Huber (1668–1748) von Dr. Manuel Kehrli (Zimmerwald), Max Slevogt (1868–1932) von Dr. Karoline Feulner (Mainz) sowie Waldemar Otto (1929–2020) von Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke (Trier).

Leitung und Moderation

Dr. Markwart Herzog, Irsee

Dr. Sylvia Heudecker, Irsee

Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke, Trier

in Kooperation mit

Prof. Dr. Holger Th. Gräf, Marburg

Gefördert vom Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL), dem Bezirk Schwaben und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie der Trierer Arbeitsstelle für Künstlersozialgeschichte (TAK)

Seite aus dem fragmentarisch überlieferten Arbeitsbuch von Johann Philipp Thelott – © Foto: Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL)