Grabmalskapelle, Kirche und Friedhof Frankreichs als Möglichkeitsräume künstlerischer Überbietung im 18. und 19. Jahrhundert
Internationale Tagung: Schloss Mickeln, Tagungs- und Gästehaus der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Alt-Himmelgeist 25, 40589 Düsseldorf
Konzeption und Organisation: Dr. Birgit Ulrike Münch (Uni Trier), Dr. Wiebke Windorf (HHU Düsseldorf)
Die Tagung wird finanziert vom Freundeskreis des Kunsthistorischen Instituts der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der Tagungsband wird finanziert durch das EU-Projekt artifex (Leitung: Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke)
Das französische Grabmonument des 18. Jahrhunderts führt immer noch ein kunsthistorisches Außenseiterdasein - von Erwin Panofsky als erfindungsarm abgestempelt, von der Mentalitätsgeschichte vor
allem zur Illustration prärevolutionärer Todes- und Jenseitsvorstellungen herangezogen, von der kunsthistorischen Denkmalsforschung weitestgehend ausgeklammert.
Dabei ist es wohl nicht vermessen zu sagen, dass gerade das elitäre Grabmal in den großen politischen, intellektualitätsgeschichtlichen, religiösen und künstlerischen Kontexten im 18. und 19.
Jahrhundert eine gewichtige Rolle spielte.
So sind nahezu alle großen französischen Bildhauer des 18. Jahrhunderts an Grabmalsprojekten beteiligt gewesen. Gerade das prominent elitäre, innerkirchliche Grabmonument war im Laufe des 18. und zu
Beginn des 19. Jahrhunderts Gegenstand einer urbanistisch geprägten, auf hygienischen Erwägungen basierenden Diskussion, die schließlich in der Auflösung der althergebrachten Memoriapraxis - einer
seit Jahrhunderten sowohl verteidigten, als auch kritisch gesehenen Allianz von Kirche und Grabmal - mündete und eine Umorientierung der Aufgabe des Grabmonuments zur Folge hatte.
Darüber hinaus galten doch gerade die Grabmäler als vorderste Symbole verhasster Protagonisten des Ancien Régime, waren erste Ausstattungsstücke von Alexandre Lenoirs "Musée des Monuments français"
und avancierten dann mit Verlagerung auf den außerstädtischen Friedhof zu künstlerischen Highlights in touristischen Friedhofswegweisern.
An das Plädoyer für die Untersuchung des Grabmals im genannten Zeitraum schließt sich eine Reihe von unterschiedlichen Fragestellungen an. So wäre zu diskutieren, ob eine intellektuelle Bewegung wie
die Aufklärung überhaupt als historisch verortbare Kunstrichtung gelesen werden kann und wenn ja, wie deren Charakteristika aussehen sollten? Existiert - nun aus der Sicht des artifex gelesen - eine
Künstlersozialgeschichte der Aufklärung; wissen wir - anders formuliert -, welche Möglichkeiten sich dem Bildhauer in Bezug auf das Grabmal als Aufgabe boten? Gerade im spezifischen Falle der
Sepulkralkultur treffen nämlich unterschiedlichste Faktoren zusammen: zwischen den Gattungen "Grabmal" und "Denkmal" kommt es mehr und mehr zu einer Durchmischung, es finden sich zahlreiche
Hybridformen beider Gattungen ausgebildet. Auch die Frage, wie im postrevolutionären Frankreich mit dem Tod, dem Totengedenken und christlicher Motivik umgegangen wurde, erscheint noch nicht als
ausreichend beantwortet, wird doch diese Entwicklung entgegen dem Prinzip resilienter Prozesse im Falle der Aufklärung als mehr oder weniger fiktiver Wendepunkt gedeutet, ab dem der Mensch sich nun
in einer säkularisierten Welt anderen oder neuen Formenspektren in der Grabmalskunst bedient habe. Inwiefern hat Alexandre Lenoirs "Musée des Monuments français" das Verständnis vom Grabmal verändert
oder beeinflusst?
Die Tagung wird internationale Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich, Italien, Deutschland und den USA zusammenführen und auch der Frage nachgehen, welche Möglichkeiten der spezifische Raum
"Friedhof" im Gegensatz zum spezifischen Raum "Kirche" dem ausführenden Künstler und auch dem Stifter des Kunstwerks erlaubte und welchen Einfluss Akademie und Zünfte in Bezug auf die
Sepulkralskulptur hatten. Die keynote lecture der Tagung wird von Erika Naginski (Harvard) gehalten, einer der international renommiertesten Expertinnen auf dem Gebiet der Grabmalskultur der
Aufklärung.
Programm
Freitag, 23.10.2015
Öffnung des Tagungsbüros: 14 Uhr, Kaffee, Tee
15.00–15.30 Uhr
Eröffnung der Tagung durch die Veranstalterinnen – Einführung in das Tagungsthema
15.30 Uhr
Gina Möller, Düsseldorf:
Vom Scheitern eines Projektes. Pierre Le Gros, Kardinal de Bouillon und das Mausoleum der de la Tour in Cluny
16.15 Uhr
Wiebke Windorf, Düsseldorf:
Bouchardon und das vergessene Projekt im Auftrag des Königs: Das Grabmonument für den Kardinal de Fleury
17.00–17.30 Uhr: Kaffeepause
17.30 Uhr
Etienne Jollet, Paris:
Gedächtnisschichten. Das Verhältnis zwischen den einzelnen Ebenen in den französischen Grabmälern der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts
18.15 Uhr
Keynote Lecture
Erika Naginski, Harvard:
Between Ephemerality and Eternity. The Royal Catafalque in an Enlightenment Context
Samstag, 24.10.2015
9.30 Uhr
Yvonne Rickert, Reims:
Grabmal, Königsmonument und Brunnen im Kontext des embellissement
10.15 Uhr
Martin Papenheim, Düsseldorf:
Damnatio memoriae und Namenlosigkeit: Denkmalsturz und das Monument für den Unbekannten in der Französischen Revolution
11.00–11.30 Uhr: Kaffeepause
11.30 Uhr
Birgit Ulrike Münch, Trier:
Die Grabmäler des Musée des Monuments français als Topos und Ziel epistemischer Reiseerfahrungen und Lenoirs Öffentlichkeitskonzept
12.15–13.45 Uhr: Mittagspause
13.45 Uhr
Anna-Maria Götz, Hamburg:
Le Cimetière du Père-Lachaise – Über Erinnerungskult, Pioniergeist und Perpétuité im europäischen Vergleich
14.30 Uhr
Hans Körner, Düsseldorf:
Ortsbestimmungen. Öffentliche und private Räume im französischen Grabmal des 19. Jahrhunderts
15.15 Uhr: Kaffeepause
15.45 Uhr
Claudia Denk, München:
„Sepulkraler Aristokratismus“: Die Grabkapellen der jüdischen
Bankiersfamilie von Eichthal auf dem Alten Südlichen Friedhof in München und auf dem Cimetière du Père-Lachaise in Paris
16.30 Uhr
Regina Deckers, Rom:
Memorialkultur in Garten und Salon: Ein Exkurs zur Geschichte des
Tiergrabmals
17.15 Uhr
Abschlussdiskussion, Besprechung des gemeinsamen Bandes
ca. 17.45 Uhr: Tagungsende
Moderation: Markus A. Castor, Paris sowie die Veranstalterinnen
Veranstalterinnen:
Dr. Birgit Ulrike Münch
Akademische Rätin
Lehrstuhl für Kunstgeschichte
Fachbereich III
Universität Trier
54286 Trier
Dr. Wiebke Windorf
Akademische Rätin
Institut für Kunstgeschichte der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Universitätsstr. 1, Geb. 23.32.04
40225 Düsseldorf
windorf@phil.hhu.de
Für die Teilnahme an der Tagung wird ein Unkostenbeitrag von 5 Euro pro Tag für die Kaffeepausen erhoben, Interessierte können sich gerne bei den Veranstalterinnen per email anmelden.
PDF-Dokument [1.5 MB]
PDF-Dokument [1.2 MB]